Die über 500 Seiten umfassende Untersuchung von mehr als 40 Geographiewerken und über 20 Musiklehrmitteln ermöglicht eine detaillierte Einsicht in die von Unterrichtshilfen während des 20. Jahrhunderts vermittelten, sich mehrmals wandelnden Vorstellungen über den schwarzafrikanischen Menschen.
Ziel der Arbeit
Aufbau der Arbeit
Kurzfassung der Vorwürfe an
das von der Schule vermittelte Bild
Kurzzusammenfassung der Ergebnisse
Bemerkungen zum Autor
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Das Bild des schwarzafrikanischen Menschen, d.h. der Menschen, die in Afrika südlich der Sahara - unter Ausschluss der weissen Minderheiten Südafrikas und insbesondere der in Nord- und Südamerika lebenden Nachkommen der ehemals aus Schwarzafrika stammender Sklaven -, soll erforscht und auf Veränderungen in der Zeit untersucht werden.
Als Quellen dienten in erster Linie Lehrmittel aus dem Schulbereich in den Fächern Geographie und Musik, sowie zum Vergleich Lesebücher und Comic-Hefte, aber auch Sachbücher, die der Lehrkraft Hintergrundinformationen für eine zu haltende Lektion liefern. Auf die Betrachtung der Darstellung in Geschichtsbüchern wurde verzichtet, da die vorher genannten Bereiche einerseits genug Material für eine Analyse lieferten, andererseits dadurch noch mehr Überschneidungen zustandegekommen wären.
Auch audiovisuelles Material wurde von der Untersuchung ausgeschlossen, da es auf diesem Gebiet einerseits sehr gutes Dokumentationsmaterial gibt, andererseits diese Medien für Private schwer handhabbar sind. Es wurde auch bewusst darauf verzichtet, das Bild der Afroamerikaner zu untersuchen, da dieses Thema immer wieder aufgegriffen und teilweise Bestandteil des normalen Unterrichts geworden ist. Als Nebenprodukt der Fragestellung nach dem Bild des schwarzafrikanischen Menschen soll bei den Lesern auch eine Sensibilisierung auf die Problematik der Darstellung fremder Kulturen in den deutschsprachigen Schulbüchern und in der Unterrichtstätigkeit stattfinden, die hoffentlich zu einem reflektierteren Umgang im Klassenzimmer führt.
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Die Arbeit gliedert sich grob in die Teile "Einleitung", "Überblick über die Geschichte Schwarzafrikas", "Vorwürfe an das von der Schule vermittelte Bild", "Der schwarzafrikanische Mensch im Geographielehrmittel", "Der schwarzafrikanische Mensch im Musiklehrmittel" und "Der schwarzafrikanische Mensch im Lesebuch und Comic" und "Ergebnisse der Untersuchung", sowie den Anhang.
Der erste Teil der Arbeit, "Einleitung", gibt Auskunft über den Untersuchungsgegenstand der Arbeit, die persönlichen Interessen des Autors, den Aufbau der Arbeit und die Bedeutung des Themas.
Der zweite Teil, "Überblick über die Geschichte Schwarzafrikas", beschäftigt sich kurz mit der Geschichte Afrikas, wobei Wert darauf gelegt wurde, diese in erster Linie in für eine afrikanische Sichtweise relevante Weise zu schildern und den Schwerpunkt eindeutig auf die vorkoloniale Geschichte zu legen. Dieser Ansatz wurde deshalb gewählt, weil sich daraus bereits die Korrektur einiger weit verbreiteter Fehlvorstellungen ergibt, und andererseits auch, weil bis heute die übliche Weltgeschichtsschreibung eher eurozentrisch abgehandelt wird.
Der dritte Teil der Arbeit, "Vorwürfe an das von der Schule vermittelte Bild", geht auf die erhobenen Vorwürfe gegen das von der Schule vermittelte Bild des schwarzafrikanischen Menschen ein und dient als Grundlage für die Untersuchung der Lehrmittel aus dem Bereich Geographie, Musik und Sprache, sowie für eine Einordnung der vom Comic vermittelten Bilder. Ausserdem vermittelt es einen Überblick über die geschichtliche Entwicklung des Bildes vom schwarzafrikanischen Menschen und stellt die in den weiteren Teilen der Arbeit verwendete Arbeitsweise vor. Es soll die Klammer für die Untersuchung der zu betrachtenden Lehrmittel öffnen.
Im vierten und umfassendsten Teil, "Der schwarzafrikanische Mensch im Geographielehrmittel", werden Geographielehrmittel, und im Vergleich dazu auch einige Geographiebücher, aus dem 20. Jahrhundert im Hinblick auf den Wandel des europäischen Bildes vom schwarzafrikanischen Menschen anhand konkreter Kriterien und Fragestellungen untersucht, und es werden Schwächen und Stärken der untersuchten Lehrmittel anhand dieser Kriterien aufgezeigt.
Im fünften Teil, "Der schwarzafrikanische Mensch im Musiklehrmittel", erfolgt eine Analyse der Darstellung schwarzafrikanischer Menschen und ihrer Musik in Lehrmitteln und Fachbüchern zum Bereich Musik, wobei sich die Untersuchung vor allem auf Lehrmittel der achtziger und neunziger Jahre konzentriert.
Im sechsten Teil, "Der schwarzafrikanische Mensch im Lesebuch und Comic", werden zum Vergleich einige Lese- und Sprachlehrmittel auf ihren Gehalt von Aussagen über die Menschen Schwarzafrikas untersucht. Damit soll festgestellt werden, ob die bei den Geographiebüchern festgestellten Entwicklungen im Sprachbereich einen ähnlichen Weg genommen, oder diese einen ganz anderen Zugang zum Thema gefunden haben. Als weitere Vergleichsmöglichkeit enthält der sechste Teil der Arbeit einen Streifzug durch die Comicgeschichte, der ebenfalls als Vergleich zu den schwergewichtig untersuchten Geographie- und Musiklehrmitteln dienen soll.
Der siebte Teil, "Ergebnisse der Untersuchung", fasst die anhand der einzelnen Werke besprochenen Punkte zusammen und gibt einen Überblick über die Entwicklung des in den Lehrmitteln im 20. Jahrhundert vermittelten Bildes schwarzafrikanischer Menschen. Damit schliesst dieser Teil die Klammer der Untersuchung.
Der Anhang der Arbeit enthält neben einigen Tabellen, die einen besseren Überblick über gewisse Sachverhalte ermöglichen sollen, eine Zahl von Karten zu verschiedenen Themen, die in der Arbeit angesprochen werden, sowie die Literaturliste der für die Arbeit verwendeten Quellen und ein Glossar, welches im Text auftretenden Begriffe klären oder definieren soll.
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Anhand zweier Listen, von denen sich die erste auf die Lehrmittel im speziellen konzentriert, während die zweite eher das allgemeine Bild kritisiert, sollen wichtige Vorwürfe festgehalten werden, die dazu dienen sollen, beim Leser ein kritischeres Bewusstsein für die in den folgenden Teilen der Arbeit besprochenen Texte zu wecken. Denn allzu oft werden Strukturen und Begriffe - ohne jegliche Absicht - übernommen, die sich beim näheren Hinsehen als wenig durchdacht und dem Verständnis als wenig dienlich erweisen.
Helen Schär, Leiterin des Kinderbuchfonds Baobab in Basel, zählte beispielsweise im Artikel "Ein neues Afrikabild im Unterricht?" (SLZ 5/98, S. 8-9) folgende Punkte auf, die teilweise von Menschen aus Schwarzafrika aufgeworfen wurden:
Die afrikanische Geschichte und Gesellschaft werde "unvollständig bis ungenau und insgesamt sehr undifferenziert" betrachtet.
Den Schülern werde suggeriert, "in Afrika hätte Geschichte mit dem Auftreten der ersten Weissen begonnen" oder die vorkoloniale afrikanische Geschichte werde nur angedeutet.
Den Afrikanern werde seit der Kolonialzeit eine passive Rolle zugeschrieben.
Bei der Erstellung der Lehrmittel wurden keine afrikanischen Fachkräfte beigezogen.
Die Texte werden von Auflage zu Auflage weiterverwendet, ohne dass sie überarbeitet werden.
Der "Hauptgrund der Armut werde viel zu sehr auf die klimatischen und geographischen Verhältnisse abgewälzt", während andere Zusammenhänge vernachlässigt würden.
Die Texte hinterliessen "den Eindruck, dass eine Tendenz bestehe, Afrika als armen, verschuldeten und von Diktatoren beherrschten Kontinent zu stempeln".
Schwarzafrikanische Frauen würden "nur in traditionellen Rollen und in den Illustrationen meistens mit unbedecktem Oberkörper dargestellt", zudem seien sie untervertreten.
Von schwarzafrikanischen Schriftstellerinnen und Schriftstellern werden folgende Punkte genannt, die sich auf das allgemeine Bild und weniger auf die Schulbücher im speziellen beziehen (Quellenangaben finden sich in den entsprechenden Abschnitten der Arbeit, werden hier aber nicht wiedergegeben):
Schwarzafrikanische Menschen würden als "einfältige Kreaturen" oder "etwas ungeschickte an der Schwelle zur Moderne stehende Wesen" bezeichnet.
Afrikaner seien "Arbeitstiere..., die sich stundenlang in der Sonne abrackern" könnten, "ohne das leiseste Anzeichen von Erschöpfung zu zeigen" oder er sei ein "fauler Neger, der im natürlichen Überfluss" lebe.
Schwarzafrikaner seien von Trieben gesteuerte Wesen: "Es sind einfache und unschuldige Menschen. Sie essen gerne ihr bisschen sadza und Fleisch, trinken hin und wieder ein Bier, schlaffen mittags unter einem schattigen Baum und zeugen viele Kinder. Das ist alles."
Der Schwarzafrikaner hänge mehr an seinem Stamm "als eine Muschel an ihrem Felsen".
Die Sprache werde in diskriminierender Weise eingesetzt.
Afrika sei eine wundervoller Kontinent, der vor der Kolonisation eine völlig harmonische Einheit gebildet habe.
Der schwarzafrikanische Mensch sei trinkfreudig und lustig, "mehr mit Tamtams und religiösen Zeremonien beschäftigt... als mit seinem Broterwerb".
Europäer würden "Afrika nach wie vor" als "eine amorphe Masse sehen: der schwarze Kontinent, ein urzeitlicher Sumpf, über dem dampfender Nebel hänge und der von Neandertal-Geschöpfen und fröhlichen, aber primitiven Eingeborenen bewohnt" werde, "die sich mitten in der Nacht in schauderhaften rituellen Zeremonien ergehen und zum rasenden Rhythmus von Trommeln" tanzten.
Die Musik Afrikas werde auf die Benutzung der Trommel reduziert.
Der Westen beanspruche Errungenschaften Afrikas, beispielsweise die Kultur Altägyptens allein für sich.
Afrika ist nicht in der Lage, sich ohne fremde Hilfe zu entwickeln. Der Kontinent sei "wie eine Frühgeburt, schutzlos, unterernährt und unterentwickelt - unfähig, sich selbst am Leben zu erhalten".
Ob diese Vorwürfe zutreffen, ob Aussagen aus "didaktischen" Gründen zu sehr vereinfacht wurden und ob das Lehrmittel auf einer Metaebene Hand bietet, um allenfalls die Aufmerksamkeit auf diese heiklen Fragen zu lenken, ist Gegenstand der Betrachtung und Untersuchung der mehr als 40 Geographielehrmittel über den Zeitraum des ganzen 20. Jahrhunderts, der rund 25 Musiklehrmitteln vor allem der siebziger- bis neunziger Jahre, sowie einer kleineren Sammlung an Sprach-, Lese- und Comicbüchern.
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In der Zusammenfassung des von den Lehrmitteln vermittelten Bildes sollen die im Teil "Vorwürfe an das von der Schule vermittelte Bild" erhobenen Anschuldigungen noch einmal pauschal im Hinblick auf ihre Berechtigung betrachtet werden, im zweiten Teil folgt dann ein kurzer Überblick der Entwicklung des Bildes des Schwarzafrikaners im 20. Jahrhundert.
Die in "Vorwürfe an das Afrikabild der Lehrmittel" ab der Seite 60 dieser Arbeit erhobenen Vorwürfe werden hier noch einmal auf ihre Berechtigung hin überprüft und kurz kommentiert.
Die Geschichte und die Gesellschaft Schwarzafrikas werden undifferenziert betrachtet: Viele der untersuchten Lehrmittel beschränken sich auf die Darstellung weniger Ausschnitte der schwarzafrikanischen Realität ohne auf diese Einschränkungen aufmerksam zu machen. Ausserdem enthalten einige immer noch Pauschalbeurteilungen, die bei näherem Hinsehen nicht haltbar sind. Etliche Lehrmittel liefern aber auch Beschreibungen, die eine im Rahmen des Möglichen liegende Differenzierung aufweisen. Leider ist es keinesfalls so, dass die neueren Lehrmittel unter diesem Aspekt wesentlich besser abschneiden würden als die älteren, sondern der Grad der Differenzierung ist stark vom einzelnen Lehrmittel abhängig.
Die Darstellung der Geschichte Schwarzafrikas setzt mit dem Auftreten der Europäer ein: Fragmente der voreuropäischen Geschichte Schwarzafrikas werden zwar in einigen Lehrmitteln erwähnt, eine vertiefte Auseinandersetzung findet aber nur in Ausnahmefällen statt, wogegen den Europäern ein in der Regel weit breiterer Raum zugestanden wird.
Dem Afrikaner wird eine passive Rolle zugeschrieben: Dieser Vorwurf trifft generell zu, besonders in den Musiklehrmitteln werden die Schwarzafrikaner vor allem in der Rolle des Sklaven geschildert. Bei den Geographielehrmitteln treten Ausnahmen im Zusammenhang mit Texten zur Unabhängigkeit der schwarzafrikanischen Staaten auf und bei der Schilderung von Bauern, denen eine gewisse Eigeninitiative zugestanden wird, in den neueren Lehrmitteln. Besonders die Texte zu den Hungerkatastrophen im Sahel zeichnen aber das Bild eines sein Schicksal hilflos erleidenden Wesens.
Alte Texte werden in neuen Auflagen ohne Überarbeitung weiterverwendet: Dies lässt sich in vielen Lehrmitteln beobachten, dabei werden die betreffenden Texte zwar oft sprachlich und graphisch überarbeitet, die zugrundeliegenden Fakten werden aber meist nicht neu beurteilt und eine Überprüfung auf deren Richtigkeit findet nicht mehr statt, obwohl sich die zugrundeliegende Situation unterdessen massgeblich geändert haben kann. Die meisten Lehrmitteln erwecken den Eindruck, sich auf wenige Themen zu konzentrieren, die als "Klassiker" bereits in älteren Schulbüchern vorgekaut wurden.
Die Armut wird nur als klimatisch und geographisch bedingt dargestellt: Die meisten Lehrmittel machen in der Tat diese beiden Faktoren für die Armut der schwarzafrikanischen Menschen verantwortlich, einige nennen aber auch die Zusammenhänge der Weltwirtschaft oder die Kultur der Schwarzafrikaner als Grund. Politische Ursachen hingegen werden kaum erwähnt.
Afrika wird als verschuldeter und von Diktatoren beherrschter Kontinent abgestempelt: Dieser Vorwurf trifft auf die untersuchten Lehrmittel nicht zu, da diese Politik und Verschuldung der schwarzafrikanischen Staaten nur in Ausnahmefällen ansprechen und dann kaum von Diktatoren die Rede ist.
Schwarzafrikanische Frauen werden nur in traditionellen Rollen und mit nacktem Oberkörper dargestellt: Auf die meisten Abbildungen in den Lehrmittel trifft der Vorwurf der Abbildung von "halbnackten" Frauen nicht zu, aber alle, auch die neueren, stellen die schwarzafrikanische Frau, wenn sie überhaupt erwähnt wird, fast ausschliesslich in traditionellen Rollen dar. Einzige Ausnahme bildet die Erwähnung einiger schwarzafrikanischer Sängerinnen.
Schwarzafrikanische Menschen sind einfältige Kreaturen: Mit wenigen Ausnahmen trifft dieser Vorwurf in der einen oder anderen Form für Lehrmittel bis in die achtziger Jahre zu, ist aber besonders für die älteren Lehrmittel zutreffend. Nur wenige Lehrmittel erwähnen Schwarzafrikaner mit höheren Positionen oder Bildung.
Afrikaner sind Arbeitstiere, die sich stundenlang in der Sonne abrackern können: Immer wieder werden solche Vorstellungen geäussert, meist wenn die Arbeitsteilung zwischen Schwarzen und Weissen diskutiert wird.
Schwarzafrikaner seien von Trieben gesteuerte Wesen: Dieser Vorwurf lässt sich anhand der Untersuchung der betrachteten Lehrmittel nur in Ausnahmefällen nachvollziehen, tritt aber in den Lehrmitteln für den Musikunterricht und im Comic häufiger auf als in den Geographiebüchern.
Der Schwarzafrikaner hängt an seinem Stamm: Diese Vorstellung wird verschiedentlich geäussert und als Begründung für politisches und soziales Verhalten herangeführt.
Die Sprache wird in diskriminierender Weise eingesetzt: Obwohl dieser Vorwurf vor allem für ältere Lehrmittel zutrifft, sind auch die Schulbücher der neunziger Jahre nicht frei von politisch unkorrekten Äusserungen.
Afrika ist ein wundervoller Kontinent: Die Vorstellung wird nur in einigen wenigen Lehrmitteln zumeist im Zusammenhang mit dem Tourismus geäussert, in den meisten dominiert das Bild eines von Seuchen und Hunger geplagten Kontinents, der kein angenehmer Aufenthaltsort für einen Europäer bildet.
Der schwarzafrikanische Mensch beschäftigt sich mehr mit Zeremonien als dem Broterwerb: Obwohl diese Vorstellung auch in einigen Geographielehrmitteln geäussert wird, kommt sie doch in den Musiklehrmitteln besonders häufig vor.
Die Musik Afrikas werde auf die Trommel reduziert: Dieser Vorwurf trifft vor allem auf die Geographielehrmittel zu, falls sie die die Musik Schwarzafrikas überhaupt ansprechen, die meisten Musiklehrmittel zeichnen ein weit differenzierteres Bild, während im Comic dieses Klischee häufig abgebildet wird.
Der Westen beansprucht Errungenschaften Schwarzafrikas für sich: Besonders in den älteren Lehrmitteln werden Errungenschaften der schwarzafrikanischen Bevölkerung auf die Zuwanderung von hellhäutigen Stämmen zurückgeführt, d. h. den Schwarzafrikaner wird eine eigene Entwicklung abgesprochen. In den neueren Lehrmitteln ist dies jedoch nicht mehr der Fall.
Afrika ist nicht in der Lage, sich ohne fremde Hilfe zu entwickeln: Dieser Ansicht sind die meisten Geographielehrmitteln. Ohne die Europäer, so die vorherrschende Meinung, wäre es dem Schwarzafrikaner nicht möglich, einen menschenwürdigen Lebensstandard zu erreichen.
Der kurze Überblick zeigt, dass die meisten der in "Vorwürfe an das Afrikabild der Lehrmittel" erhobenen Anschuldigungen an das Schwarzafrikabild in den Schulbüchern zumindest auf einen Teil der Lehrmittel zutreffen, einige haben bis zu den neuesten Lehrmitteln ihre Berechtigung nicht verloren. Für die Lehrkraft, die diese Lehrmittel verwendet, ist es deshalb äusserst wichtig, eine Sensibilität für solche Fragen zu entwickeln, denn sie kann sich keinesfalls auf die Unbedenklichkeit der Lehrmittel hinsichtlich dieser Probleme verlassen.
In diesem zweiten Teil der Zusammenfassung werden vereinzelte Ausnahmefälle nicht mehr berücksichtigt sondern in vereinfachter Form die breitere Entwicklung nachgezeichnet, die sich deutlich in mehrere Zeitabschnitte unterteilen lässt.
Bis hinein in die sechziger Jahre wird der Schwarzafrikaner vorwiegend als unzivilisierter, meist auf niedriger Kulturstufe stehender Wilder gezeichnet, der seiner eigenen Roheit nur dank der Erziehung und Zuwendung des Europäers entfliehen kann. Allfällige Wünsche in Richtung Unabhängigkeit werden als unverschämt betrachtet, da der Schwarzafrikaner nicht in der Lage sei, die von den Europäern geschaffene Zivilisation aus eigener Kraft zu erhalten. Ist der Schwarzafrikaner allerdings erst einmal in den Kontakt mit den von ihm als gottgleich angesehenen Europäern getreten, kann er sich zu einem durchaus brauchbaren Arbeiter entwickeln, dessen geistige Entwicklung aber eine gewisse Grenze nicht überschreiten kann.
Ende der sechziger Jahre ändert sich die Bewertung des Schwarzafrikaners fundamental, bedingt durch die Erreichung der Unabhängigkeit vieler schwarzafrikanischer Staaten. Der schwarzafrikanische Mensch wird nicht mehr als Kind gesehen, den es an der Hand in die Annehmlichkeiten der europäischen Zivilisation zu führen gilt, sondern er wird zum Partner, dem man auf seinem Weg Hilfe von aussen zukommen lässt, im Gegenzug zu seiner weiteren Bereitschaft, Europa mit Rohstoffen zu versorgen. Plötzlich wird entdeckt, dass der Schwarzafrikaner zu einem hohen Grade bildungsfähig ist, auch wenn ihm ein staatliches Bewusstsein noch fehlt.
Dieses Bild wird im Zeitraum von der Mitte der siebziger bis Mitte der achtziger Jahre angesichts der Dürre- und Hungerkatastrophen, des Biafrakrieges und des wirtschaftlichen Niedergangs der meisten schwarzafrikanischen Staaten empfindlich gestört, und weicht der Vorstellung eines zerlumpten, zu einem Skelett reduzierten Wesen, welches ohne Hilfe von aussen nicht einmal in der Lage ist, sich und seine zahlreichen Kinder selbst zu ernähren. Überhaupt wird seine Lage als hoffnungslos beurteilt, besonders da die ihm zukommenden Hilfemassnahmen nicht zu greifen scheinen.
Erst Gegen Ende der achtziger Jahre wird dieses Bild durch die Vorstellung des hart um das Überleben kämpfenden Schwarzafrikaners, oder besser Schwarzafrikanerin, ersetzt, die mit gebeugten Rücken, auf dem sie eines ihrer zahlreichen Kinder trägt, die Hacke schwingend, ganz Schwarzafrika ernährt. Der schwarzafrikanische Mann verkommt zu einem wertlosen Menschen, der seine Zeit mit Geschwätz unter Freunden vertreibt.
Das Bild einer neuen Hoffnung gründet sich einerseits auf einer positiven Entwicklung in der Landwirtschaft, andererseits auf einer gewissen Ermüdung der Bereitschaft zur weiteren Entwicklungshilfe im alten Stil, auf einem Kontinent der als von Bürgerkriegen, Seuchen und einem zu raschen Bevölkerungswachstum bedroht gilt.
Die Entwicklung des Bildes vom schwarzafrikanischen Menschen bleibt also, wie schon früher, von Eigeninteressen der Europäer und ihrer eigenen Weltsicht abhängig. Die Entwicklung in Schwarzafrika dagegen bleibt allenfalls Auslöser für eine Veränderungen der von aussen herangetragenen Vorstellungen. Damit weicht die von den schwarzafrikanischen Menschen erlebte Wirklichkeit noch immer stark von den in den Lehrmitteln Europas geprägten Vorstellungen und Bildern ab. Dadurch, und auch durch das oft falsche Bild der Schwarzafrikaner von der europäischen Lebenswirklichkeit, werden Missverständnisse bei einer direkten Begegnung gefördert, die im besten Fall ein Verstehen erschweren, möglicherweise aber auch zu fatalen Fehlentscheidungen im Umgang miteinander führen können. Um diese Kluft zu überwinden müssen sich beide Parteien von ihren Vorstellungen befreien und sich ohne Bildnis des anderen, mit offenem Geiste und einer Grundhaltung der Toleranz gegenübertreten.
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Matthias Giger (*1970) absolvierte 1986-1991 die Ausbildung zum Primarlehrer am Seminar in Kreuzlingen TG und war danach vier Jahre lang als Unterstufenlehrer an einer Mehrklassenschule auf dem Seerücken tätig. Anschliessend unterrichtete er ein Jahr lang als Fachlehrer für Mathematik und Wissenschaften, mit einem Nebenpensum in Musik und Französisch, an der Tamale International School (TIS) in Ghana (Westafrika). Seit 1996-2000 absolviert er das Studium zum Sekundarlehrer phil. II und Reallehrer an der PHS St. Gallen. Im Rahmen dieser Ausbildung schrieb er auch an einer Arbeit zur schwarzafrikanischen Musik (März 1999), und entwickelte eine Webseite zum Thema "Malaria" (Oktober 1999). 2000-2002 war er als Sekundarlehrer phil. II an der Oberstufe Lützelmurg (Bichelsee-Balterswil TG) tätig, wo er ein breites Fächerspektrum im Bereich phil. I und II, sowie im musischen Bereich unterrichtet. Seit August 2002 unterrichtet Matthias Giger am Oberstufenzentrum Pestalozzi in Weinfelden. Er ist mit einer Ghanaerin verheiratet und Vater von zwei Kindern.
Falls Sie Kommentare, Anregungen usw. zu dieser Seite oder der vorgestellten Arbeit haben, können Sie den Autoren unter der e-mail-Adresse mattgig@freesurf.ch erreichen.
Eine weiterfürende Zusammenfassung finden Sie unter Angaben zu Matthias Giger
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Teil der Arbeit / Beschreibung | Download | Dateigrösse |
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Gesamter Text (ohne Karten): Diese Datei enthält den gesamten Text der Arbeit. Aus speichertechnischen Gründen wurde aber auf die Einbindung von Karten und einer Bildtafel verzichtet, diese finden sich weiter unten. | Gesamttext |
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Karten: Diese Datei enthält die Karten der Arbeit. Aus speichertechnischen Gründen wurden einige wenige Karten stark komprimiert, was sich in der Qualität beim Ausdrucken bemerkbar machen kann. Die unkomprimierten Karten wurden als einzelne Dateien abgespeichert, siehe weiter unten. | Karten |
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Bildtafel: Diese Datei enthält die Bildtafel "Vorratslagerung in Schwarzafrika" in komprimierter Form. Die unkomprimierte Datei findet sich weiter unten. | Bildtafel |
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Teiltext1: Titelblatt, Inhaltsverzeichnis, Einleitung, Überblick über die Geschichte, Vorwürfe an das von der Schule vermittelte Bild | Teiltext1 |
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Teiltext2a: Besprechung früher Geographielehrmittel | Teiltext2a |
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Teiltext2b: Besprechung von Geographielehrmitteln aus den sechziger Jahren | Teiltext2b |
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Teiltext2c: Besprechung von Geographielehrmitteln aus den siebziger Jahren | Teiltext2c |
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Teiltext2d: Besprechung von Geographielehrmitteln aus den achtziger Jahren | Teiltext2d |
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Teiltext2e: Besprechung von Geographielehrmitteln aus den neunziger Jahren | Teiltext2e |
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Teiltext3: Besprechung von Musiklehrmitteln | Teiltext3 |
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Teiltext4: Besprechung von Lesebüchern, -lehrmitteln und Comics | Teiltext4 |
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Teiltext5: Ergebnisse der Untersuchung | Teiltext5 |
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Teiltext6: Anhang mit Tabellen, Texten, Quellenverzeichnis und Glossar (ohne Karten) | Teiltext6 |
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Auszug1: Einleitung der Arbeit | Auszug1 |
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Auszug2: Vorwürfe an das Afrikabild der Lehrmittel | Auszug2 |
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Auszug3: Kriterien zur Untersuchung der Geographielehrmittel | Auszug3 |
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Auszug4: Ergebnisse der Untersuchung | Auszug4 |
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Auszug5: Vorstellung der Arbeitsweise anhand der Themenkreise "Ghana", "Krieg" und Religion", sowie Verzeichnis der speziell angesprochenen Themen | Auszug5 |
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Karte01: Die europäischen Kolonien in Afrika von 1914 | Karte01 |
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Karte02: Afrikakarten aus Schweizer Schulatlanten (Diese Datei kann aufgrund ihrer Grösse Probleme bei der Verwendung des Internetexplorers von Microsoft verursachen. Ist dies der Fall, sollte auf die komprimierte Form der Datei zugeriffen werden.) | Karte02 |
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Karte02: Afrikakarten aus Schweizer Schulatlanten (komprimierte Form) | Karte02k |
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Karte03: Erlangung der Unabhängigkeit | Karte03 |
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Karte04: Einteilung Afrikas nach dem Fünf-Welten-System | Karte04 |
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Karte05: Sicherheitssituation in den afrikanischen Staaten | Karte05 |
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Karte06: Bevölkerungsdichte | Karte06 |
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Karte07: Bruttosozialprodukt pro Kopf | Karte07 |
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Karte08: Abhängigkeit von Exportprodukten | Karte08 |
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Karte09: Analphabetisierungsrate für Mädchen in Schwarzafrika | Karte09 |
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Karte10: Offizielle Amtssprachen | Karte10 |
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Karte11: Ethnische Differenzierung der schwarzafrikanischen Länder | Karte11 |
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Karte12: Religionszugehörigkeit | Karte12 |
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Karte13: Verfügbares Trinkwasser | Karte13 |
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Karte14: Holzverbrauch ausgewählter schwarzafrikanischer Länder | Karte14 |
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Karte15: Das neue Bild Afrikas: Der Aidskontinent | Karte15 |
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Karte16: Aussergewöhnliche Nahrungsmittelknappheit in afrikanischen Ländern | Karte16 |
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Bildtafel: Vorratslagerung in Schwarzafrika | Bildtafel |
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Bildtafel: Vorratslagerung in Schwarzafrika (komprimierte Form) | Bildtafel |
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Die hier zum Download angebotene Arbeit kann auch auf CD-ROM bestellt werden. Die CD-ROM enthält alle in der oben abgedruckten Tabelle aufgelisteten Dateien im PDF-Format, sowie diese HTML-Datei. Weitere Angaben erhalten Sie unter mattgig@freesurf.ch.
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Für Anregungen, Hinweise und Korrekturen an mattgig@freesurf.ch ist ihnen der Autor dankbar.
Matthias Giger, März 1999 (Update: 23.04.2003)